Der Lebenslauf einer Bohne

Einige Kulturtipps für die Erhaltungszucht

Vieles kann auf dem Lebensweg eines „Böhnchens“ passieren, was verhindert, dass es zu einer kräftigen Bohnenpflanze heranwächst, die schließlich zahlreiche Nachkommen in die Welt setzt.

Meine Erfahrungen und damit die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf vier botanische Arten, nämlich: Phasaeolus vulgaris (gewöhnliche Busch-/Stangenbohnen), Phasaeolus coccineus (Feuer-, Käfer- oder Prunkbohnen), Vicia faber (Puff-, Acker-, Pferde- oder Saubohnen) und Glycine max (Sojabohnen). Es gibt zahlreiche andere botanische Arten, z.B. Dolichos lablab (Helmbohnen), Phaseolus lunatus (Lima- oder Mondbohnen), Vigna unguiculata (Augen-, Spaghettibohnen), Vigna radiata (Mungbohnen), mit denen ich kaum Kulturerfahrungen habe, weil sie sich bei mir als zu wärmebedürftig oder sonstwie ungeeignet herausgestellt haben.




(1) Aussaat

Da keimt die kleine Bohne z.B. schon mal gar nicht erst, weil man sie zu lange liegen gelassen hatte.

Die: Lagerung von Bohnenkernen sollte trocken, luftig und kühl und auf Bohnenkäfer kontrolliert erfolgen, dann halten die Kerne maximal 5-6 Jahre bis zur nächsten Aussaat durch.

2016 hatte ich - bedingt durch die vielen Ausfälle im Kulturjahr 2015 - Gelegenheit zu einem unfreiwilligen Test der Keimfähigkeit von "ältlichem" Saatgut. Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1. Bezogen auf Sorten (nicht auf das einzelne Korn!) betrug die Keimrate vier Jahre rückwärts 100 %
2. Vom Kulturjahr 2011, also fünf Jahre zurück, keimten die Sorte noch im Verhältnis von 8 : 1 (ein Ausfall also von insgesamt 9 Sorten).
3. Vom Kulturjahr 2010, also sechs Jahre zurück, keimte gerade noch eine von fünf ausgebrachten Sorten.
4. Saaten älter als sechs Jahre keimten zu 0 %.
5. Es gibt deutliche Sortenunterschiede in der Keimfähigkeit des einzelnen Korns. Auch vom fünf Jahre alten Saatgut ging mitunter nur noch ein einziges Korn auf.

(Achtung! Sojabohnen halten kürzer durch. Sie sollten spätestens alle drei Jahre nachgezogen werden).
Wenn Bohnen sehr stark getrocknet werden (z.B. mit Hilfe von Silikagel) und anschließend optimal trocken gelagert wurden (z.B. in der Tiefkühltruhe), halten sie länger durch als normal, müssen dann aber erst ein paar Tage bei normaler Luftfeuchtigkeit liegen, ehe sie in die Erde gebracht werden, sonst wird auch das nichts mit der Keimung.

Die sogenannten "Grünen Bohnen" eignen sich - weil unreif geerntet - nur für die Küche, nicht aber für die zur Nachzucht der Sorte bestimmte Samengewinnung.

Bohnen für die Nachzucht oder für Gerichte mit Trockenbohnen zu gewinnen, ist aber kein Problem.

Die Bohne will es bei der Aussaat luftig und warm (Nährstoffgehalt ist von untergeordneter Bedeutung; eher zu gering als zu üppig) und höchstens 2-3 Kornstärken tief in der Erde (man sagt, die Bohnen wollen „die Glocken hören können“) und die Aussaaterde sollte konstant feucht, aber nicht pappnass gehalten werden („Fingerprobe“). Tonige Böden speichern Feuchtigkeit lange; kriegen die Samen zu viel Feuchtigkeit, ersticken sie oder werden vom Schimmel dahingerafft. Es wird in Gärtnerkreisen mitunter behauptet, Vorquellen der Bohnen in Wasser (1-2 Tage) brächte bessere Keimergebnisse. Ich kann das nicht bestätigen (auch im Wasser können Bohnenkerne ersticken). Die angeweichten Bohnenkerne sind auf alle Fälle sehr druckempfindlich und gehören dann in eher trockene Erde. Fazit: Vorquellen in Wasser ist eine heikle Methode.

Frage: Direkt ins Freiland oder Vorzucht?

1. Bohnen direkt ins Freiland säen, ist dann kein Problem, wenn  

Was ist bei der Freilandsaat zu beachten?

2. Bohnen vorziehen empfiehlt sich, wenn

Was ist bei der Vorzucht zu beachten?

(2) Pflanzabstände

Wenn Sie Ihre Bohnen nur für den Kochtopf ziehen, können Sie diesen Abschnitt überspringen. Wollen Sie Ihre Bohnensorten aber rein erhalten, müssen Sie Pflanzabstände beachten, um Kreuzbestäubungen zu vermeiden. Die meisten botanischen Bohnenarten sind zwar Selbstbefruchter, lassen sich aber trotzdem von Insekten gerne befruchten.

Ich selber liebe üppig wuchernde Stangenbohnen, seien es nun "normale" Phasaeolus-Bohnen oder Feuerbohnen; denn die entwachsen schnell den Beikräutern (ideal für faule Gärtner!) und bringen mitunter enorme Erträge auf kleinstem Raum. Apropos Stangen: Sie sollten möglichst dünn sein (keine zu dicken Holzstangen!) und eine raue Oberfläche haben; sonst rutschen die Stangenbohnen immer wieder herunter. Ich nehme rostige Moniereisen vom Bau. Der Anblick ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber sie haben sich bestens bewährt und man kann sie ja als aparte "Landart"-Ungetüme gestalten, falls man ein Schweißgerät hat.

(3) Fährnisse und Feinde für die Bohnenpflanze

Die Bohne ist zwar gekeimt, aber jetzt fangen viele Herausforderungen erst an.

a) Haben Sie Schnecken im Garten?

Sieht es in Ihrem Garten um Mitternacht so aus, wie auf den Bildern? Dann haben Ihre Jungpflanzen ein Problem; denn Schnecken fressen Bohnen für ihr Leben gern. Das kann soweit gehen, dass Sie Ihre am Abend ausgebrachte Jungpflanze am Morgen danach nicht mehr wiederfinden. Nur noch das Pflanzschildchen erinnert daran, dass hier gestern noch ein hoffnungsfrohes Pflänzchen stand. Ich muss zugeben, eine ökologische Lösung des Schneckenproblems ist mir noch nicht eingefallen. Wenn Sie sich jeden Tag zu jeder mitternächtlichen Stunde auf Schneckenjagd begeben, reduzieren Sie den Befall zwar. Aber dann fressen die Schnecken eben zwischen nachts um 1 Uhr bis zum Morgen die Pflanzen auf. Nachdem ich mehrere Jahre lang viele Pflänzchen in opferbereiter ökologischer Gesinnung an die Schnecken "verfüttert" habe (Schnecken wollen ja auch leben!), streue ich inzwischen um jeden frisch gesetzten Bohnen-Horst Schneckenkorn, bis die Pflanzen stark genug sind, den nächtlichen Attacken stand zu halten. Das Tückische ist: Das Lieblingswetter der Bohnen-Jungpflanzen (warm+feucht+windstill) ist auch das Lieblingswetter der Schnecken. Bei meinen allnächtlichen Schnecken-Jagd-Ausflügen in den Garten war auffällig, dass Bohnen-Sorten die nebeneinander wuchsen nicht gleich stark von Schnecken heimgesucht wurden. Einige waren sogar ganz ohne Befall. Haben Schnecken "Lieblingssorten" oder folgen sie immer wieder den gleichen geruchlichen Wegweisern, die ihre Artgenossen angelegt hatten, als sie zunächst eher zufällig auf "Schmackhaftes" stießen? Es sind noch viele Fragen offen für ein "Jugend forscht"-Projekt!

b) Wenn Sie mehrere Jahre hintereinander Bohnen ins Freiland säen (oder Ihre Nachbarn tun das), werden früher oder später die Bohnenfliegen (Delia florilega oder Delia platura) über Ihre keimenden Bohnen herfallen und die Larven fressen das Babypflänzchen an, ehe es richtig das Licht des Tages erblickt hatte. Gegen die Bohnenfliege hilft eine Folie oder ein Gemüsenetzüber der ausgebrachten Saat oder aber die Vorzucht am Zimmerfenster (s.o.). Dort gibt es keine Bohnenfliegen. Folien über der Saat helfen auch gegen verwilderte Haustauben, die sich auf alles stürzen, was grün aus der Erde sprießt. Zum Glück habe ich selbst kaum einmal eine Haustaube in meinem Garten.

c) Trockenperioden: Die Bohnenpflanze hat es glücklich bis ins Beet geschafft, auch die Unkräuter sind nicht übermächtig, doch es regnet einfach nicht genügend. Bohnenpflanzen wollen es in ihrer Jugend, besonders zur Blütezeit und noch ein ganzes Weilchen danach feucht bis nass. Dauerregen über Tage oder Wochen, der die Gärtnerin und der Gärtner schon ganz depressiv macht und den Tomaten die Braunfäule „ins Gesicht treibt“, finden sie richtig großartig. Abhilfe: Regnet es nicht genug, muss der Gärtner kräftig gießen. Besonders Stangenbohnen saufen jetzt regelrecht (eine Gießkanne pro Stange mit ca. 5-6 Pflanzen ist nicht zu viel). Bekommen die Pflanzen nicht genug Wasser, sterben sie zwar nicht, aber sie verweigern einfach die Nachkommenschaft, indem sie die Blüten und Junghülsen gleich wieder abfallen lassen. Speziell die Feuerbohnen blühen zwar bei geringer Luftfeuchtigkeit und Hitze üppig und behalten die Blüten auch, setzen aber kaum Hülsen an.
Sind die Bohnenpflanzen erst über das "Grüne-Bohnen-Stadium" hinaus, mögen sie es zum Ausreifen der Hülsen sonnig und tendenziell trocken.

d) Der nächste Feind ist die Bohnenlaus (meist Aphis fabae).
Quelle: James Lindsey's Ecology of Commanster Site (zit. n. https://commons.wikimedia.org/wiki/Aphis_fabae?uselang=de)
Diese schwarze Pest tötet die Pflanzen zwar nur in extremen Ausnahmefällen, schwächt sie aber derart, dass die Ernte gegen Null gehen kann. Abhilfe: Pflanzen auf Läuse hin beobachten. Mit irgendwelchen Giften im Garten herumspritzen ist in 99 % der Fälle nicht angesagt. Viel besser ist es, wenn Sie möglichst viele Läuse „händisch“ abstreifen oder zerdrücken. Ohne Handschuhe hat man mehr Gefühl in den Fingern, aber es ist ekelig; mit Handschuhen ekelt es einen nicht so, aber man muss aufpassen, dass man die Pflanze nicht verletzt. Diese Methode ist absolut „bio“ und ist erstaunlich effektiv, auch wenn Sie nicht jede Laus erwischen (öfters mal wiederholen!). Den Rest besorgen nach einiger Zeit Marienkäfer und andere natürliche Gegner der Bohnenlaus.

e) Dauerregen zur Reifezeit: Die erwachsene Pflanze hat sich prächtig entwickelt und jede Menge Hülsen hängen dran. Für die „Kochtopfgärtner“ war es das dann. Die Hülsen werden gepflückt und nächstes Jahr wird neues Saatgut gekauft. Wenn Sie aber Gerichte mit Bohnenkernen mögen oder Ihr eigenes Saatgut selber gewinnen wollen, ist die Saison noch lang. Noch das einfachste Problem ist dabei: Sie sind auf Urlaubsreise, wenn die Hülsen dürr sind. Die Pflanze lässt die Hülsen aufplatzen und wirft die Kerne einfach auf die Erde (so tun das ursprüngliche Sorten mit Wildcharakter). Dort verfaulen sie dann oder keimen sogar fröhlich aus, werden aber im Herbst (meist) nicht mehr reif. Oder die Hülsen bleiben hängen und fangen bei Regen an zu faulen (oder wie es mir einmal bei einer Regenperiode passiert ist, sie keimen schon, während sie noch in der Hülse an der Pflanze hängen). Das sieht zwar putzig aus, aber der ganze Aufwand war umsonst. Dauerregen in der Zeit vor und während der Dürr-Reife ist man als Gärtner ziemlich ohnmächtig ausgeliefert. Ich ernte dann meine Bohnenkerne dann etwas vor der Zeit (Notreife), puhle sie gleich aus der Hülse, lege sie an einen trockenen Platz und hoffe, dass sie trotzdem schon keimfähig sind.
Ideal zum Ausreifen der Kerne ist ein trockener und warmer Altweibersommer im September oder für die Spätsorten ein goldener Oktober/November. Bei Spätsorten ist das Warten, bis die Hülsen reif und rappeldürr sind, manchmal vergeblich. Üppig mit Hülsen behangene Pflanzen muss man u.U. vor dem ersten Frost nach einzelnen vorzeitig reifen Hülsen absuchen oder notfalls sogar halbreif ernten (Nachtrockung ist dann besonders wichtig!). Die Pflanzen müssen jetzt auch nicht mehr gegossen werden, auch wenn sie sich manchmal wie vertrocknete Ritter von der traurigen Gestalt an ihrer Stange "festkrallen".

f) Sie haben die Ernte glücklich eingebracht. Den trockenen Hülsen entnehmen Sie die Kerne. (Bei manchen fadenlosen Sorten ist das manchmal Strafarbeit! - Profis dreschen die Kerne heraus. Das können Sie auch. Einfach die rappeldürren Hülsen in einen festen Beutel tun und mit einem Gummihammer draufhauen.).Die Bohnen lassen Sie vorsichtshalber noch an einem luftigen und warmen Ort zum Nachtrocknen liegen (Fenster oder auf der Zentralheizung); lieber zu lange als zu kurz, sonst fällt anschließend der Schimmel über die Kerne her, wenn Sie sie schließlich in Gläsern lagern. Man sieht leider nicht, ob die Bohnen schon trocken genug sind, um sie in luftdichte Behälter überführen zu können. (Man könnte es am Gewicht merken. Die Bohnen sind jetzt deutlich kleiner und wiegen nur noch halb so viel wie nach der Ernte. Aber dann müssten Sie das Gewicht Ihrer Bohnenkerne nach der Ernte und nach dem Trocknungsvorgang vergleichen. Wer tut sowas schon?) Von Florian Luf (Arche-Noah.at) übernehme ich gerne den "Hammertest": Einen oder mehrere Bohnenkerne opfern und mit dem Hammer darauf hauen. Wenn die Splitter in alle Richtungen davonfliegen, sind die Samen trocken genug; werden sie nur zerquetscht, muss man noch länger trocknen.

g) Wenn Sie das Glück haben, in einer bohnenfreundlichen quasi mediterranen Klimazone zu wohnen und zudem Jahr für Jahr Ihre Bohnenkerne am Fenster trocknen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie sich irgendwann den Bohnenkäfer (Acanthosciledes obtectus) eingeschleppt haben. Die Zeit nach der Ernte der Bohnenkerne ist seine Hochzeit.

Bohnenkäfer sind kleine dunkelfarbene Tierchen von 1-2 mm Länge, die ihre Eier auf die Bohnenkerne legen (das linke Bild zeigt den Käfer in etwa doppelter Größe - vgl., mm-Anzeige links; das rechte Bild zeigt den Käfer mit seinen starken Sprungbeinen stark vergrößert). Wenn Sie nicht aufpassen, bemerken diese Plage meist erst dann, wenn es für Ihre Samenkerne schon zu spät ist. Der Käfer legt seine Eier (mit bloßem Auge unsichtbar) auf den Bohnenkernen ab. Die Larve frisst den Bohnenkern von innen her an und der fertige Käfer bohrt sich dann durch ein kreisrundes Loch in die Freiheit. Erst jetzt sehen Sie den Schaden. Übrigens bohren sich die Käfer auf der Suche nach neuen Samenkernen umstandslos auch durch Papier- und Plastiktüten. Abhilfe:

(4) Fazit

Obwohl im Leben einer Bohne so viel passieren kann, wird meist trotzdem etwas draus. Manchmal erstickt man in seiner Ernte und manchmal reicht's gerade für den Sortenerhalt. Auch bei ein und derselben Sorte gibt es riesige Unterschiede von Jahr zu Jahr.

Und wenn's mal nicht geklappt hat mit der Nachzucht, denken Sie daran: Auch Schnecken, Fliegen, Läuse, Bohnenkäfer und Wetterkapriolen haben wichtige Funktionen im Spiel der Natur, auch wenn uns die Spielregeln manchmal rätselhaft oder ungerecht vorkommen. Darum: "Mensch ärgere dich nicht, staune lieber!"